Studien zu Exoskeletten
Inhaltsübersicht:
- Exoskelette in der Wissenschaft
- Studien zum Ottobock Shoulder
- „Principle Study on Objective and Subjective Effects of a Passive Exoskeleton“ (Journal IEEE)
- Prinzipstudie zur Wirkung eines industriellen Exoskeletts bei Überkopfarbeiten (Journal Orthopädie Technik)
- Assessing the efficiency of exoskeletons in physical strain reduction by biomechanical simulation with AnyBody Modeling System (Cambridge University Press)
- Exoskelette in Produktion und Logistik – Grundlagen, Morphologie und Vorgehensweise zu Implementierung (Fraunhofer Austria)
- „How does accelerometry-measured arm elevation at work influence prospective risk of long-term sickness absence?“
- Studien zum Ottobock Back
- Analyse von Exoskeletten
- Forschung an Exoskeletten
- Standards bei Exoskeletten
Exoskelette in der Wissenschaft
Trotz der Automatisierung in der Industrie hat sich in den letzten Jahren gezeigt, dass die physische Arbeitsbelastung für Arbeitnehmende in vielen Industriezweigen nicht abgenommen hat. Zu einer der häufigsten arbeitsbedingten Krankheiten zählt die sogenannte Muskel-Skelett-Erkrankung (MSE). Eine der Ursachen für MSE sind Überkopfarbeiten. (siehe Foto)
Durch Muskel-Skelett-Erkrankungen kommt es, laut der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA), in Deutschland zu einem jährlichen Produktionsausfall von 17,2 Milliarden Euro. Gleichwohl sieht die Bundesanstalt große Potenziale für industrielle Exoskelette:
Eine zentrale Aufgabe stellt […] die Klassifizierung und Bewertung von mittlerweile marktgängigen passiven Exoskeletten in der Arbeitswelt dar. Ziel muss es sein, den praktischen Einsatz dieser Systeme am Arbeitsplatz zu bewerten. Es müssen Ansätze geschaffen werden, um präventive […] Faktoren zu identifizieren und so eine zuverlässige Bewertung und damit auch Anwendung von Exoskeletten in der Arbeitswelt zu ermöglichen.
Studien zum Ottobock Shoulder
Das Ottobock Shoulder unterstützt Mitarbeitende bei anstrengenden Tätigkeiten in der Industrie, insbesondere bei Überkopfarbeiten. Das Exoskelett ist Gegenstand mehrerer Studien, um anhand von simulierten Arbeitsplätzen die Wirksamkeit MSE zu reduzieren wissenschaftlich nachzuweisen.
1. „Principle Study on Objective and Subjective Effects of a Passive Exoskeleton“ (Journal IEEE)
In der Studie werden verschiedene physische, physiologische und psychologische Parameter von 12 Probanden analysiert und verglichen, während sie mit und ohne das Exoskelett Paexo Shoulder Überkopfarbeiten durchführen. Die Bewertungskriterien, anhand dessen das Paexo Shoulder evaluiert wird, messen sowohl die objektiven als auch die subjektiven Auswirkungen auf die Nutzenden.
Die Studie kommt unter anderem zu dem Ergebnis, dass bei der Verwendung des Exoskeletts Paexo Shoulder die Aktivierung des vorderen Deltamuskels um 55 %, der Sauerstoffverbrauch um 33 % und die Herzfrequenz um 19 % signifikant reduziert wird (objektive Bewertungskriterien). Dies deutet darauf hin, dass das Paexo Shoulder die körperliche Belastung und Ermüdung effizient reduziert.
Subjektive Bewertungskriterien waren u.a. die Aufgabenbewältigung und die potenzielle Veränderung der Bewegungsfreiheit des Nutzers beim Tragen des Exoskeletts. Die Studie zeigt, dass sich das Tragen des Paexo Shoulder natürlich und uneingeschränkt anfühlt und weder positive noch negative Auswirkungen auf die reine Arbeitsleistung hat. Die Wissenschaftler:innen bewerten das Paexo Shoulder insgesamt als eine vielversprechende Lösung zur Reduzierung von Muskel-Skelett-Erkrankungen in der Schulter.
Studie: Journal IEEE
2. Prinzipstudie zur Wirkung eines industriellen Exoskeletts bei Überkopfarbeiten (Journal Orthopädie Technik)
In der Studie wird das Paexo Shoulder mithilfe von metabolischen und elektromyographischen Parametern einer objektiven Bewertung unterzogen. Unter Laborbedingungen werden Überkopfarbeiten simuliert. Die Ergebnisse der Simulation zeigen, dass der metabolische Aufwand des Nutzers und die Belastung der Schulterregion deutlich verringert wird. Insbesondere der Musculus deltoideus und der Musculus biceps brachii weisen eine signifikante Reduktion hinsichtlich der Muskelermüdung beim Tragen des Exoskeletts auf. Auch bei dem Muskelermüdungswert des Musculus trapezius zeigt die Studie eine Reduzierung auf, jedoch fällt diese deutlich geringer aus, als bei den anderen beiden Muskelpartien.
Studie: Journal Orthopädie Technik
3. „Assessing the efficiency of exoskeletons in physical strain reduction by biomechanical simulation with AnyBody Modeling System“ (Cambridge University Press)
In der Studie wird mit Hilfe einer Computersimulation das Paexo Shoulder evaluiert. Die hochentwickelte biomechanische Simulationssoftware AnyBody Technology berechnet die Auswirkung von biomechanischen Effekten auf das Muskel-Skelett-System des menschlichen Körpers, beim Tragen des Exoskeletts und ohne das Tragen des Exoskeletts. Im Fokus der Studie stehen insbesondere drei biomechanische Effekte: die Muskelaktivitäten, der Druck auf die Gelenke im Schulter- und Armbereich und der Kompressionsdruck im Lendenwirbelsäulenbereich.
Die Simulationsergebnisse zeigen, dass beim Tragen des Paexo Shoulders die Muskelaktivitäten und die Gelenkreaktionskräfte deutlich verringert werden. Bei den Aktivitäten des Deltamuskels und den Kräften auf das Glenohumeralgelenk (Schultergelenk) kommt es beispielsweise zu einer Reduzierung zwischen 54 % und 87 %.
Die Ergebnisse der Simulation werden anschließend mit Studienergebnissen von einem Laborexperiment, bei dem das Paexo Shoulder ebenfalls Gegenstand der Forschung war, verglichen (Ergebnisse des Laborexperiments der Studie aus dem Journal IEEE – siehe 1. „Principle Study on Objective and Subjective Effects of a Passive Exoskeleton“).
Studie: Cambridge University Press
4. Exoskelette in Produktion und Logistik – Grundlagen, Morphologie und Vorgehensweise zu Implementierung (Fraunhofer Austria)
In dem Whitepaper von Fraunhofer Austria „Exoskelette in Produktion und Logistik – Grundlagen, Morphologie und Vorgehensweise zu Implementierung“ wird unter anderem das Exoskelett Paexo Shoulder von drei Betrieben auf Gebrauchstauglichkeit in verschiedenen Anwendungsbereichen getestet. Das Paexo Shoulder unterstützt bei der Ausführung von verschiedenen Aufgaben: Deckenmontage, Wandverputzen, Markierungs- & Lackierungsarbeiten und Ein- & Auslagerungstätigkeiten in einem Kleinteillager.
Insbesondere bei der Benutzerfreundlichkeit erhält das Paexo Shoulder eine sehr gute Bewertung: Bei der Aussage „Ich empfinde das Exoskelett, als einfach zu nutzen.“ erhielt das Paexo Shoulder eine Gesamtbewertung von 3,60 von 4,00 höchstmöglichen Punkten.
Whitepaper: Exoskelette in Produktion und Logistik
5. How does accelerometry-measured arm elevation at work influence prospective risk of long-term sickness absence? (Scandinavian Journal of Work, Enviroment & Health)
Elevated arm work is prevalent in many jobs. Feasible device-based methods are available to measure elevated arm work. However, we lack knowledge on the association between device-measured elevated arm work and prospective risk of long-term sickness absence (LTSA). We aimed to investigate this association.
Device-measured elevated arm work is associated with increased prospective LTSA. This information ought to be brought into preventive workplace practice by accessible and feasible device-based methods of elevated arm work.
Study: Scandinavian Jounral of Work, Enviroment & Health
Studien zum Ottobock Back
Das Ottobock Back unterstützt Arbeitnehmer:innen insbesondere in der Logistikbranche bei klassischen Kommissioniertätigkeiten oder beispielsweise beim Be- und Entladen eines LKWs. Das Exoskelett entlastet den unteren Rücken bei Hebe- und Tragetätigkeiten. Auch dieses Exoskelett ist Gegenstand der Forschung.
1. The Future of Injury Prevention in Logistics
In dem Whitepaper wird mit der Simulationssoftware AnyBody das Ottobock Back und seine Wirksamkeit untersucht. Die simulierte Aufgabe bestand darin, dass Tester eine ca. 10 kg schwere Box mehrmals vom Boden auf einen Tisch hoben und diese wieder zurück auf den Boden stellten. Dabei wurden die wirkenden Kräfte auf die Lendenwirbelsäule des menschlichen Körpers, beim Tragen des Exoskeletts und ohne das Tragen des Exoskeletts, berechnet.
Die Ergebnisse zeigten, dass beim Tragen des Ottobock Back eine deutliche Entlastung des Rückens entsteht. So konnte der Kompressionsdruck in dem Lendenwirbelsäulenbereich L4/L5 von 2900 N ohne Tragen des Exoskeletts auf 2293 N beim Tragen des Exoskeletts reduziert werden.
Whitepaper: The Future of Injury Prevention in Logistics
Analyse von Exoskeletten
Die scalefit.-Methode ist eine Möglichkeit, die Wirkung von Exoskeletten auf den Körper zu analysieren. Das folgende Video zeigt die Analyse des Ottobock Back bei einer typischen Aufgabe in der Logistik, dem Umpalettieren. Es wird sowohl die Stärke der Rumpfneigung einer Person, als auch die daraus resultierenden Wirkung auf die Lendenwirbelsäule beim Tragen des Ottobock Back bzw. ohne das Tragen des Exoskelett gezeigt.
Forschung an Exoskeletten
Institute, die an Exoskeletten forschen
- Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA)
- Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV)
- The National Institute for Occupational Safety and Health (NIOSH)
- Occupational Safety and Health Administration (OSHA)
- Berufsgenossenschaft Handel und Warenlogistik (BGHW)
Ausgewählte Wissenschaftler:innen, die zu industriellen Exoskeletten forschen
- Carisa Harris-Adamson, D., CPE, University of California, Berkley, School of Public Health
- Maury Nussbaum, D., CPE, Virginia Tech, Occupational Safety & Health Research Center
- Leia Sterling, Ph.D., University of Michigan, Center of Ergonomics
- William Marras, D., CPE, Ohio State University, Spine Research Institute
- Denny Yu, Ph.D., Purdue University, Healthcare Ergonomics Analytics Lab
- Prof. Dr. Lars Fritzsche, Technische Universität Dresden, Centrum für Demografie und Diversität (CDD)
- Dr. rer. nat. Benjamin Steinhilber, Universitätsklinikum Tübingen
Standards bei Exoskeletten
Normen und Standards stellen Expertenwissen in Form von Regeln und Richtlinien dar, die schriftlich festgehalten werden und somit leicht von anderen weitergegeben werden können. Da sie zudem für jeden zugänglich sind, helfen sie den Menschen auf der ganzen Welt, sich besser zu verstehen, schneller zu reagieren und entsprechend zu handeln. Standards umfassen nicht nur das gesammelte Wissen führender Marktspezialisten, sondern sind auch mächtige Werkzeuge, die Innovation und Wettbewerbsfähigkeit fördern, interne Prozesse einfacher und Produkte sicherer machen und die Produktivität nachhaltig steigern.
Aktuell arbeiten und forschen folgende Institute daran Standards zu formulieren, die Qualität, Sicherheit, Leistung & Ergonomie von Exoskelette bzw. assistiver Systeme definieren und vereinheitlichen:
- ASTM Committee F 48
- DIN – Deutsches Institut für Normung
- Afnor
- CEN – European Committee for Standardization